BAD SCHWALBACH Kultusminister Lorz lobt Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine

Fast 20.000 ukrainische Kinder und Jugendliche haben Hessens Schulen seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges aufgenommen und unterrichtet. Damit haben die Schulen nach Auffassung von Kultusminister Alexander Lorz (CDU) “Herausragendes und Einmaliges” geleistet. Das hat der Minister am Dienstag in Bad Schwalbach mitgeteilt, als er sich dort in der Nikolaus-August-Otto-Schule (NAOS) ein Bild der Situation machte, eine Zwischenbilanz zog und von einer nie dagewesenen Herausforderung sprach. Während sich Lorz von der Leistung der Gesamtschule beeindruckt zeigte, demonstrierten etwa 120 Schüler und monierten fehlende Digitalisierung und Lehrermangel.

Es ist ein ungewöhnliches Bild: Hessens Kultusminister sitzt mit vier Flüchtlingskindern an einem Tisch, und die fünf schreiben gemeinsam eine Ideensammlung auf, wie aktives und positives Zusammenleben in der Gesellschaft funktionieren kann. Die vier Schüler verlieren schnell ihre Scheu und arbeiten ganz locker mit dem Minister. Lorz hat sichtlich Spaß. Er steuert ehrenamtliches Engagement in Vereinen und Bürgerinitiativen als Idee bei. “Ich finde es einfach großartig, zu sehen, wie engagiert die jungen Menschen mit Feuereifer dabei sind zu lernen”, sagte er und fügte an: “Das stimmt mich hoffnungsfroh, dass das, was wir tun, Erfolge zeigen und den jungen Menschen zu einem Platz in unserer Gesellschaft verhelfen wird.”

“Wir kümmern uns darum, dass den ukrainischen Kindern und Jugendlichen die Bildungschancen nicht genommen werden”, hatte er zuvor gesagt, und Schulleiterin Kirsten Klug ergänzte, dass die NAOS seit Beginn des Krieges 41 ukrainische Schüler in ihre Intensivklassen aufgenommen hat. In diesen Klassen lernen die Kinder zuerst die deutsche Sprache, bevor sie in den Regelunterricht wechseln. An der Bad Schwalbacher Schule lernen derzeit 57 Schüler aus neun Nationen Deutsch. In Hessen haben noch nie so viele Kinder und Jugendliche aus den Flüchtlingsgebieten die Schule besucht. Laut Kultusministerium sind 34.000 Schüler, von denen aktuell rund 16.000 aus der Ukraine kommen, in den Intensivklassen. Mehr als 3000 Ukrainer haben die hessischen Schulen aber auch schon wieder verlassen, unter anderem, weil ihre Familien weggezogen sind. Etwa 350 von ihnen sind schon in die regulären Klassen gewechselt.

“Es zerrt von allen Seiten an uns”, skizzierte Lorz die Situation und wies darauf hin, dass rund 300 ukrainische Lehrkräfte eingestellt wurden, um die Flut neuer Schüler zu bewältigen. Hessenweit gibt es derzeit fast 2000 Intensivklassen – mehr als 900 wurden alleine in den vergangenen zwölf Monaten eingerichtet. Obwohl im Zeitraum zwischen Februar und Dezember 2022 rund 750 Lehrerstellen aufgestockt wurden und mittlerweile mehr als 3000 Stellen für den Bereich schulische Integration von Flüchtlingen existieren, bleiben die Herausforderungen laut Lorz groß. Da die ukrainischen Schüler alle recht jung sind, geht das Kultusministerium davon aus, dass die meisten einen Schulabschluss in Deutschland schaffen. “Die sind wirklich fit, das ist eine echte Bereicherung für den Arbeitsmarkt”, war am Rande der Veranstaltung zu hören.

Zu dem von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) veranstalteten Bildungsgipfel ist Lorz nicht gefahren. “Ich habe nachher unser großes Bündnis-für-Ausbildung-Gespräch mit dem Wirtschaftsminister, das wir seit Monaten geplant haben”, begründete er seine Absage und ergänzte: “Der Termin war vorher auch nicht abgesprochen.”

Rund 120 Schüler warteten am Schuleingang zunächst vergeblich auf den Minister, denn Lorz nahm einen anderen Weg. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie “Wir merken den Lehrermangel”, “Guthe Schule geet anderst” und “Wo ist unser musikalischer Schwerpunkt hin?” “In der Mensa wurden neulich fünf Klassen von einer Lehrerin von der ersten bis zur sechsten Stunde beaufsichtigt”, schilderte eine Schülerin die Auswirkungen des Lehrermangels, eine andere ergänzte: “Unser Schulportal wird kaum genutzt, und bei der Digitalisierung geht es auch nicht voran.” Im Anschluss an die Veranstaltung stellte sich Lorz den Schülern und sprach laut einem Ministeriumssprecher knapp eine Stunde mit ihnen.

Quelle:

robm. F.A.Z., 15.03.2023, Rhein-Main (Rhein-Main-Zeitung), Seite 30 – Ausgabe R-DA, R-WI, R-MK, R-HT, R-F, R-E – 618 Wörter. © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv

Gesprächspartner: Lorz mit Schülern einer Intensivklasse

Foto von Maximilian von Lachner

Nikolaus-August-Otto-Schule

Nikolaus-August-Otto-Schule Kooperative Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe und musikalischem Schwerpunkt sowie MINT-freundliche Schule

Emser Str. 100
65307 Bad Schwalbach